Autoversicherung – Kundenbetreuung kostet …

Ein Callcenter ist eigentlich eine gute Sache. Der Kunde bekommt schnell und unkompliziert telefonisch die Auskünfte, die er von seinem Vertragspartner benötigt. Oder er kann schnell und unkompliziert die zu seinem Vertrag benötigten Informationen an das Unternehmen geben. Soweit die Theorie.
In der Praxis verkehrt sich der vermeintliche Vorteil einer schnellen und einfachen Kommunikation aber ins Gegenteil, wenn im Callcenter keine Sachbearbeiter des Unternehmens beschäftigt sind sondern schlecht geschulte (und bezahlte) Aushilfskräfte zum Telefon greifen.

Ein Beispiel  aus dem wirklichen Leben:
die bei der HUK Coburg 24 versicherte Kundin hat am 01.10.2016 mit ihrem Pkw einen Verkehrsunfall und macht alles richtig:

die Polizei wird zum Unfallort gerufen um die Personalien der Beteiligten und die Unfallsituation festzustellen. Die Kundin verfasst noch am selben Tag ein Gedächtnisprotokoll zum Unfallhergang und informiert einen Rechtsanwalt. Nach Rücksprache mit dessen Büro, beauftragt sie am 02.10.2015 einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen mit der Begutachtung des  entstandenen Schadens und informiert ihre eigene Kfz-Versicherung  telefonisch über den Schadenfall, wie die Versicherungsbedingungen und das Gesetz es vorschreiben (Auskunftspflicht, §§ 30, 31 VVG, und Obliegenheit des Versicherungsnehmers, § 82 Abs.1 VVG).

Antwort der HUK Coburg 24:
vom Callcenter erhält sie die Auskunft, dass sie den Schadenfall gar nicht melden müsse. Dafür sei die eigene Versicherung der Kundin nicht zuständig. Sie solle den Schadenfall (nur) der Versicherung des Unfallgegners melden.

„Ganz schön unkompliziert?“ – könnte man denken.
Das Gegenteil ist aber der Fall: die der Versicherungsnehmerin erteilte Auskunft war ganz schön falsch.“


Merke: Informiert der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls (hier: Verkehrsunfall mit dem versicherten Kfz) seine Versicherung nicht und nimmt ihr dadurch grob fahrlässig die Möglichkeit den Schaden abzuwenden oder gering zu halten, darf der Versicherer gemäß § 82 Abs. 3 Satz 2 VVG die Versicherungsleistung kürzen.


Damit nicht genug:
die Beweislast dafür, dass das Unterlassen der Schadenmeldung an den eigenen Versicherer nicht grob fahrlässig war, trägt gem. § 82 Abs. 3 Satz 2, 2. HS VVG der Versicherungsnehmer, nicht die Versicherung. Dass die Tierärztin vom Callcenter ihrer Versicherung am 02.10. eine falsche Auskunft erhalten hat, müsste sie im Streitfall also selbst beweisen. Gelänge ihr das nicht, dürfte ihre Versicherung einen Teil der an den Unfallgegner etwa geleisteten Schadenersatzzahlungen bei ihr zurückfordern.

Ein solcher Regress des eigenen Versicherers im Schadenfall kostet den Versicherungsnehmer leicht ein Vielfaches der bei einer vermeintlich günstigen „Onlineversicherung“ eingesparten Versicherungsprämie.
Qualität hat eben immer einen Preis. Die Fehler eines Callcenters bezahlt der Kunde am Ende selbst. Darüber sollte sich vorher klar sein, wer mit seinem Kfz für das neue Jahr zu einer vermeintlich günstigeren Versicherung wechseln will.

2 Antworten auf „Autoversicherung – Kundenbetreuung kostet …“

  1. Recht vielen Dank für die Hinweise zum richtigen Verhalten in einer Unfall-Situation! Und geht es nicht, wenn man die Schaden im Dasein der Zeugen oder auch ohne die einfach fotografiert, mit einem Handy oder Kamera, sofort an dem Unfallort? Für uns ist es ja vom Interesse, denn mein Vati möchte seinen Pkw auf den Sohn versichern lassen.

    1. Sie müssen gedanklich drei Fragen trennen:
      1.) Die Dokumentation des Schadenshergangs („Wo/Wie standen die unfallbeteiligten Fahrzeuge“?) und des Schadensumfangs („Wie sehen die Schadenstellen aus“?).
      Dafür den entstandenen Schaden noch am Unfallort selbst fotografisch zu dokumentieren ist immer eine gute Idee. Die Unfallaufnahme der Polizei erfolgt meist ohne Fotodokumentation.
      2) Die gesetzliche Pflicht, als Unfallbeteiligter die eigenen Personalien bekannt zu geben. Als dafür feststellungsbereite Personen kommen ggf. auch Unfallzeugen in Frage. Das Herbeirufen der Polizei – und das Abwarten bis diese eintrifft – beseitigt aber jeden Zweifel.
      3.) die versicherungsvertragliche Pflicht („Obliegenheit“), den Schadensfall der eigenen Fahrzeugversicherung anzuzeigen.
      Dafür sollte nicht nur angerufen werden, sondern – siehe oben im Beitrag – jedenfalls auch eine E-Mail an den eigenen Versicherer geschrieben werden.

      Ob Großvater, Vater oder Sohn das unfallbeteiligte Fahrzeug gefahren haben und auf wen das gerade zugelassen oder versichert ist, spielt keine Rolle.

      Ich wünsche unfallfreie Fahrt.

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