Preisfragen:
1. Wie groß ist die vermietete Wohnung wirklich?
2. Wie hoch ist die Nettokaltmiete pro Quadratmeter?
Radio Jeriwan antwortet:
Es kommt darauf an, wen Sie danach fragen!
Das Landgericht Berlin (18. Zivilkammer) hat im Januar 2018 entschieden, dass es in Berlin keine „örtliche Verkehrssitte“ für die richtige Berechnung der Wohnfläche gäbe. Darum hat es den Vermieter dazu verurteilt, einem Mieter die geleisteten Mietzahlungen teilweise wieder zu erstatten. Die Wohnung sei kleiner, als im Mietvertrag angegeben und diese Größenabweichung betrage mehr als 10 Prozent.
Streitpunkt war, wie die beiden Balkone der Wohnung bei der Berechnung der Gesamtwohnfläche zu berücksichtigen seien. Im Mietvertrag gab es dazu keine Angabe.
Der Vermieter berücksichtigte die beiden Balkone bei der Angabe der Gesamtfläche mit jeweils 50 Prozent ihrer Größe. Damit wähnte er sich sicher.
Die 65. Zivilkammer des Landgerichts hatte im Juli 2011 noch geurteilt, dass es zumindest im Jahr 2006 beim Mietvertragsabschluß der „örtlichen Übung in Berlin“ entsprochen habe, Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen in Anlehnung an die II. BV bei der Wohn-flächenberechnung je zur Hälfte der Fläche bei der Gesamtwohnfläche zu berücksichtigen (LG Berlin, Urt. v. 19.07.2011 – 65 S 130/10) . Die Berücksichtigung solcher Flächen zur Hälfte ist auch gem. DIN 277 zulässig.
Die 18. Zivilkammer hat das im Januar 2018 anders gesehen und dafür nur 25 Prozent in Ansatz gebracht. Eine „örtliche Übung“ gäbe es in Berlin nicht (LG Berlin, Urt. v. 17.01.2018 – 18 S 308/13).
Für Berufungen in Wohnraummietsachen ist die 18. Zivilkammer inzwischen nicht mehr zuständig, das Urteil vom 17.01.2018 nicht rechtskräftig.
Eine endgültige Antwort muss nun der Bundesgerichtshof geben. Die verurteilte Vermieterin hat Revision zum BGH (Az.: VIII ZR 33/18) eingelegt. Wann der BGH entscheidet, was in Berlin „ortsüblich“ ist, steht noch nicht fest.
Update:
Der BGH hat am 17.04.2019 – erfreulich schnell – entschieden.
Der BGH hat zunächst der Vermieterin (Klägerin) Recht gegeben:
Das Landgericht Berlin habe die Kappungsgrenze gem. § 558 Abs.3 BGB falsch (nach der wegen zu geringer Wohnfläche geminderten Miete) berechnet. Das müsse stets nach der vertraglich vereinbarten Miete geschehen. Das sei die „Ausgangsmiete“ (Rz 20,21).
Bei der Berechnung der Wohnfläche ist der BGH aber den Argumenten des Mieters (Widerbeklagter) gefolgt:
Dafür sei die (eigentlich nur für preisgebundenen Wohnraum geltende) Wohnflächenverordnung anzuwenden. Nach der ist ein Balkon nur mit 1/4 seiner Fläche der Wohnfläche hinzuzurechnen. Eine andere, davon abweichende „Verkehrssitte“ sei in Berlin nicht erkennbar (Rz 38). Welche (hohen) Anforderungen an die Entstehung einer solchen Verkehrssitte zu stellen wären, hat der BGH mit klargestellt (Rz 39). Damit dürfte die Berechnung, zumindest für Wohnungen in Berlin, für die nächsten Jahre keine Probleme mehr aufwerfen:
Balkone sind nur mit 1/4 als Wohnfläche zu berücksichtigen.