Verkehrsunfall, Schadensersatz: Muss die Versicherung auch Kosten für die „Desinfektion“ des Unfallfahrzeugs zahlen?

In Zeiten der Pandemie ist es bei vielen Versicherern sehr beliebt, die bei der Reparatur des Unfallfahrzeugs anfallenden, dem Werkstattkunden berechneten „Desinfektionskosten“ nicht zu erstatten.

Angeblich „nicht notwendig“ seien diese Kosten, „überhöht“ oder „als reine Arbeitsschutzmaßnahmen nicht abrechenbar.“ So lauten die üblichen Textbausteine zur Streichung dieser Schadensposition.

Wer sich damit nicht abfinden will, muss vor Gericht darum streiten.
Ein Erfolg des Unfallopfers war bisher aber ungewiss, wegen der ganz uneinheitlichen Rechtsprechung der bundesweit damit beschäftigten Amtsgerichte.

Nun hat erstmals ein Berufungsgericht entschieden. Das Landgericht Würzburg (Urteil vom 24.03.2021 – 42 S 2276/20 – ) hat dem Unfallopfer recht gegeben. Danach sind, für die Unfallreparatur im Juli 2020, von der Werkstatt mitberechnete Desinfektionskosten (93,40 €/brutto) als Schadensersatz von der Versicherung des Unfallverursachers zu erstatten.

Das Urteil ist für Geschädigte erfreulich. Das Landgericht hat die „Erforderlichkeit“ von Desinfektionsmaßnahmen der Werkstatt überzeugend begründet, auch mit einem Blick auf den Markt für Miet- und Carsharingfahrzeuge :

„Mit welchen Vorbehalten die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen mit unbekannten Dritten in Pandemiezeiten versehen sind, kann …. anhand der Medienberichte über Umsatzrückgänge bei Mietwagen- und Carsharingunternehmen nachvollzogen werden. Deren Fahrzeuge wurden im Juli 2020 und werden weiterhin – wie andere Kontaktflächen auch – in irgendeiner Weise bei Benutzerwechsel desinfiziert und sind generell in weit zurückgegangenem Maße nachgefragt, was auch an Befürchtungen der Bevölkerung zu einer entsprechenden Infektionsgefahr liegen dürfte. …. unternommene Maßnahmen sind daher auf das Unfallereignis zurückzuführen und grundsätzlich ersatzfähig.“

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann von seiner Werkstatt mindestens solche Hygienemaßnahmen wie bei einem Carsharing- oder Mietwagenanbieter erwarten. Die Kosten dafür hat der Schädiger zu ersetzen.

BGH: die Kosten einer Beilackierung …

… stehen dem Geschädigten als Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall auch dann zu, wenn der Fahrzeugschaden auf „Gutachtenbasis“ abgerechnet wird. Das Urteil:
BGH, Urteil vom 17. September 2019 – VI ZR 494/18.

Viele Versicherer werden einen ihrer beliebtesten Textbausteine entsorgen müssen. Dieser lautet immer etwa gleich:

„Die Kosten einer Beilackierung sind nicht schadenbedingt“

oder auch:
„Die Kosten einer Beilackierung sind schadenbedingt nicht erforderlich“

Damit ist nun Schluß.
Ganz unmißverständlich hat der VI. Zivilsenat erklärt, warum die eintrittspflichtige Versicherung des Unfallgegners dem Geschädigten nicht vorhalten kann, die Kosten einer Farbtonangleichung unbeschädigter Karosserieteile seien per se nicht erstattungsfähig, oder das Fahrzeug müsse zunächst repariert werden, bevor die Erstattung von Kosten der Lackierung an die Schadenstelle angrenzender Bauteile möglich sei.

Langeweile? Dann: „frag doch mal beim Anwalt nach“

Es gibt Leute, mit denen will man einfach nichts zu tun haben. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einer davon: Sie stehlen einem kostbare Lebenszeit.  Ich beantworte darum keine Nachfragen von Leuten die nicht meine Mandanten sind und „mal eben schnell“ etwas von mir wissen wollen.

Gelegentlich, insbesondere wenn die verlangte Auskunft auch noch gänzlich überflüssig ist, platzt mir aber der Kragen. Heute ist es wieder so weit.

Ein Rechtsschutzversicherer begehrt Auskunft zum Ausgang eines Verfahrens. Mein Schreiben vom 27.04.2018 zum Abschluß der Sachehatte der/die Sachbearbeiter/in erhalten. Auf die dem Schreiben beigefügt gewesene Rechnung nimmt er/sie Bezug, wenn er/sie mir heute schreibt:

Preisfrage 1: Was will die Versicherung noch wissen?
Ob es den Ermittlungsbehörden ehrlich leid tut, meine Mandantin überhaupt verdächtig zu haben?

Preisfrage 2: Wie soll man darauf antworten?
In deutscher Sprache, in Großbuchstaben, oder gar nicht?

Hinweis zur Teilnahme am Preisrätsel:
Rechtsanwälte sind in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit  zur Sachlichkeit verpflichtet, § 43 a Abs. 3 BRAO. In diesem Rahmen müssen sich Ihre Vorschläge zur Beantwortung dieser D.A.S.-Anfrage also halten.

BGH-Urteil vom 24.10.17: Schadensregulierung und Gutachtenkosten

Bei der Auswahl eines geeigneten Sachverständigen empfehle ich nur solche, die – ihnen wegen der Kosten des Gutachtens zur Sicherheit abgetretene – Schadensersatzansprüche des Geschädigten nicht weiter abtreten. Wie schon früher berichtet: aus gutem Grund.

Der BGH hat nun vier Fälle (VI ZR 504/16, VI ZR 514/16, VI ZR 515/16, VI ZR 527/16) entschieden, in denen solche weiteren Abtretungen erfolgt waren. „BGH-Urteil vom 24.10.17: Schadensregulierung und Gutachtenkosten“ weiterlesen

Autoversicherung – Kundenbetreuung kostet …

Ein Callcenter ist eigentlich eine gute Sache. Der Kunde bekommt schnell und unkompliziert telefonisch die Auskünfte, die er von seinem Vertragspartner benötigt. Oder er kann schnell und unkompliziert die zu seinem Vertrag benötigten Informationen an das Unternehmen geben. Soweit die Theorie.
In der Praxis verkehrt sich der vermeintliche Vorteil einer schnellen und einfachen Kommunikation aber ins Gegenteil, wenn im Callcenter keine Sachbearbeiter des Unternehmens beschäftigt sind sondern schlecht geschulte (und bezahlte) Aushilfskräfte zum Telefon greifen. „Autoversicherung – Kundenbetreuung kostet …“ weiterlesen