Tiefschlaf in München

Über einen beneidenswert tiefen und festen Schlaf verfügt die Kfz-Schadensabteilung der Allianz Direct in München. Über die am 12.03.2024 von dort (heute) an mich gesandte Eingangsbestätigung wird auch meine Mandantin sich nicht freuen.

Die Allianz Direct braucht sage und schreibe 10 (!) Wochen, um den Eingang eines Schreibens zu bestätigen und um zu versichern, das es auch „bearbeitet“ werden würde:

Hier ein Weckruf an die Tiefschläfer in München:
sofort starken Café für die Schadenabteilung kochen und laut klingende Wecker anschaffen!

Der Verkehrsunfall ist vom 23.09.2023 (Schaden am Leasingfahrzeug: rd. 6.000,- €) und das Alleinverschulden des bei der Allianz Direct versicherten Unfallfahrers unstreitig.
Der wird sich bei „seinem“ Versicherer sicher noch ganz herzlich bedanken: nur weil die Allianz Direct bis Januar 2024 behauptet hat, es gäbe „keine Versicherung“ zu seinem Pkw, hat der Unfallfahrer nun ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (wegen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz) am Bein.
Auch gibt es kein Schreiben „vom 04.01.204“, dessen Eingang aus München aber bestätigt wird. Das Anspruchsschreiben ist vom 04.12.2023 und spätestens seit 27.12.2023 auch der Allianz Direct bekannt gewesen.

Preisfrage:
Wie lange wird die angekündigte „Bearbeitung“ dieses nicht gerade überkomplexen Schadensfalls in München noch dauern?

Verkehrsunfall, Schadensersatz: Muss die Versicherung auch Kosten für die „Desinfektion“ des Unfallfahrzeugs zahlen?

In Zeiten der Pandemie ist es bei vielen Versicherern sehr beliebt, die bei der Reparatur des Unfallfahrzeugs anfallenden, dem Werkstattkunden berechneten „Desinfektionskosten“ nicht zu erstatten.

Angeblich „nicht notwendig“ seien diese Kosten, „überhöht“ oder „als reine Arbeitsschutzmaßnahmen nicht abrechenbar.“ So lauten die üblichen Textbausteine zur Streichung dieser Schadensposition.

Wer sich damit nicht abfinden will, muss vor Gericht darum streiten.
Ein Erfolg des Unfallopfers war bisher aber ungewiss, wegen der ganz uneinheitlichen Rechtsprechung der bundesweit damit beschäftigten Amtsgerichte.

Nun hat erstmals ein Berufungsgericht entschieden. Das Landgericht Würzburg (Urteil vom 24.03.2021 – 42 S 2276/20 – ) hat dem Unfallopfer recht gegeben. Danach sind, für die Unfallreparatur im Juli 2020, von der Werkstatt mitberechnete Desinfektionskosten (93,40 €/brutto) als Schadensersatz von der Versicherung des Unfallverursachers zu erstatten.

Das Urteil ist für Geschädigte erfreulich. Das Landgericht hat die „Erforderlichkeit“ von Desinfektionsmaßnahmen der Werkstatt überzeugend begründet, auch mit einem Blick auf den Markt für Miet- und Carsharingfahrzeuge :

„Mit welchen Vorbehalten die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen mit unbekannten Dritten in Pandemiezeiten versehen sind, kann …. anhand der Medienberichte über Umsatzrückgänge bei Mietwagen- und Carsharingunternehmen nachvollzogen werden. Deren Fahrzeuge wurden im Juli 2020 und werden weiterhin – wie andere Kontaktflächen auch – in irgendeiner Weise bei Benutzerwechsel desinfiziert und sind generell in weit zurückgegangenem Maße nachgefragt, was auch an Befürchtungen der Bevölkerung zu einer entsprechenden Infektionsgefahr liegen dürfte. …. unternommene Maßnahmen sind daher auf das Unfallereignis zurückzuführen und grundsätzlich ersatzfähig.“

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann von seiner Werkstatt mindestens solche Hygienemaßnahmen wie bei einem Carsharing- oder Mietwagenanbieter erwarten. Die Kosten dafür hat der Schädiger zu ersetzen.

Neue Infektionsschutzmaßnahmen in Berlin: Rechtsanwälte arbeiten weiter!

Der Berliner Senat hat die ab heute geltenden, verschärften Regeln für das öffentliche Leben beschlossen. Die „Zweite InfektMaßnahmenVO“ vom 27.03.2021 ist im Berliner Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30.03.2021 veröffentlicht, die damit verschärften Regelungen ab sofort in Kraft.

Rechtsanwälte können die Interessen Ihrer Mandanten aber weiter wahrnehmen. Wenn es richtig organisiert ist, nicht nur „online“, sondern auch in persönlichen Besprechungen.

Die für Arbeitgeber und den Kundenverkehr in allen Betrieben zum Schutz der Beschäftigten und Kunden angeordneten Schutzmaßnahmen erfüllt mein Büro vollständig und gerne.

Die Gesundheit von Mitarbeitenden und Mandanten ist das höchste Gut. Darum berate ich Sie, ganz nach Ihrer Wahl: persönlich, telefonisch oder in einer Videokonferenz.

Haben Sie ein rechtliches Problem? Dann warten Sie nicht länger. Vereinbaren Sie einen für sich passenden Termin mit meinem Büro.

Wir sind weiter für Sie da.

„Abgasskandal“: Der BGH spricht Klartext

Klare Worte aus Karlsruhe: VW muss seine „Schummeldiesel“ mit EA 189-Motor zurück nehmen, wenn der Fahrzeugkäufer es verlangt. Ein „Softwareupdate“ genügt nicht.
Der BGH (VI ZR 252/19) hat heute entschieden:
wird ein Pkw mit „Schummelsoftware“ auf den Markt gebracht, ist das ein Betrug des Fahrzeugherstellers am jeweiligen Käufer und der Hersteller dadurch selbst schadensersatzpflichtig, gem. § 826 BGB. Dabei ist es egal, ob der Kunde einen Neuwagen oder ein Gebrauchtfahrzeug erworben hat.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen zwar noch nicht vor. Die heutige Pressemeldung des BGH lässt aber auch für das Urteil ganz deutliche Worte des obersten deutschen Zivilgerichts erwarten. Der BGH hat VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Endkunden verurteilt. Auszug:

„Die Beklagte hat … bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch … Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Das gilt auch, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt.“

Mein Dank gilt dem Kläger.
Der hat sich seine Klage nicht durch einen – ihm von VW ganz sicher angebotenen – Vergleich „abkaufen“ lassen und damit den Weg zu dieser, für viele tausend weitere Verbraucher noch wichtigen, BGH-Entscheidung geebnet.

Langeweile? Dann: „frag doch mal beim Anwalt nach“

Es gibt Leute, mit denen will man einfach nichts zu tun haben. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einer davon: Sie stehlen einem kostbare Lebenszeit.  Ich beantworte darum keine Nachfragen von Leuten die nicht meine Mandanten sind und „mal eben schnell“ etwas von mir wissen wollen.

Gelegentlich, insbesondere wenn die verlangte Auskunft auch noch gänzlich überflüssig ist, platzt mir aber der Kragen. Heute ist es wieder so weit.

Ein Rechtsschutzversicherer begehrt Auskunft zum Ausgang eines Verfahrens. Mein Schreiben vom 27.04.2018 zum Abschluß der Sachehatte der/die Sachbearbeiter/in erhalten. Auf die dem Schreiben beigefügt gewesene Rechnung nimmt er/sie Bezug, wenn er/sie mir heute schreibt:

Preisfrage 1: Was will die Versicherung noch wissen?
Ob es den Ermittlungsbehörden ehrlich leid tut, meine Mandantin überhaupt verdächtig zu haben?

Preisfrage 2: Wie soll man darauf antworten?
In deutscher Sprache, in Großbuchstaben, oder gar nicht?

Hinweis zur Teilnahme am Preisrätsel:
Rechtsanwälte sind in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit  zur Sachlichkeit verpflichtet, § 43 a Abs. 3 BRAO. In diesem Rahmen müssen sich Ihre Vorschläge zur Beantwortung dieser D.A.S.-Anfrage also halten.

Abgasskandal – Neues vom BGH …

…  aber wieder kein Urteil.
Am 27.02. sollte in Karlsruhe über die juristische Bewertung der von VW in Dieselfahrzeugen verbauten Abschalt-vorrichtung verhandelt werden.

Der Käufer eines VW Tiguan hatte von seinem Händler die Ersatz-lieferung eines neuen Pkw – ohne Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung – verlangt. Er berief sich darauf, dass die ab Werk auch in seinem Neuwagen verbaute „Schummelsoftware“ einen erheblichen Sachmangel des verkauften Fahrzeugs darstelle.

NEIN “ riefen Händler und Hersteller – und so urteilte auch noch das OLG Bamberg und wies die Klage des Käufers ab. Das OLG ließ in seinem Urteil die Revision zum BGH nicht zu. Dagegen legte der Käufer Beschwerde ein, die der BGH mit Beschluss vom 16.10.2018 auch zuließ.
Erfolg für den Käufer auch in der Sache: der BGH (Gz.: VIII ZR 225/17) beurteilt die Rechtslage offenbar genauso wie der Käufer: „JA – Sachmangel!“

Seine Rechtsauffassung teilte das Gericht den Prozessparteien am 08.01.19 in einem Hinweisbeschluss mit (Pressemitteilung dazu).

Nun wurde der Verhandlungstermin kurzfrstig aufgehoben.
Die Parteien haben sich verglichen und damit den Rechtsstreit beendet. Der BGH kann darum über die Rechtsfrage nicht mehr durch Urtel entscheiden. Wie schon zuvor (Verfahren – VIII ZR 78/2018 – um einen Skoda Octavia mit Verhandlungstermin am 09.01.19) hat der Fahrzeughersteller VW damit die „Notbremse“ gezogen, um einer Verurteilung durch das höchste deutsche Zivilgericht zu entgehen.

Fazit:  Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“

Die Presseabteilung von VW sieht das auftragsgemäß anders und teilt unverdrossen mit, dass es gar keinen Sinn habe, juristisch gegen das Unternehmen und seine Vertragshändler vorzugehen. O-Ton VW:


„In Deutschland laufen aktuell zahlreiche Diesel-Verfahren. Die meisten werden zugunsten des Volkswagen Konzerns bzw. der Händler entschieden. Eine höchstrichterliche Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof steht allerdings noch aus.“


Schwamm drüber.
Irgendwas müssen die Presseleute aus Wolfsburg für den Aktienkurs des eigenen Brötchengebers ja tun. Dieser hilflose Versuch, die Welt außerhalb der eigenen Blase dazu passend zu interpretieren und weiter die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen, ist nicht neu in Deutschland:  Pfeifen im Walde , TM von E.H..

 

Dieselfahrverbote

sind nun auch in Berlin Folge des „Abgasskandals“. Ab 31. März 2019 ist es soweit.
Bis dahin muss das Land Berlin seinen bisherigen Luftreinhalteplan überarbeitet haben – und dann auch umsetzen.
Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am 09.10.2018 entschieden.

Hätte der Bundesverkehrsminister Bundespartylöwe Scheuer seine Amtspflicht getan, anstatt den Skandal in bester Lobbyistenmanier nur aussitzen zu wollen, gäbe es längst Regelungen für die rechtliche Anerkennung der längst vorhandenen Nachrüstlösungen und auf den Berliner Straßen umgerüstete EURO 5 – Dieselautos mit bis zu 90 Prozent weniger Stickoxidausstoß im echten Fahrbetrieb.

Die Untätigkeit des Ministers Scheuer ist umso unverständlicher, als er sich im April werbewirksam selbst noch als Liebhaber alter Autos bezeichnet hat.
Durch die Berliner Fahrverbotszonen gleitet er aber wohl auch in Zukunft sicher in einem gepanzerten Dienstwagen, der ihn vor dem Unmut seiner Untertanen schützt.

„Abgasskandal“ – BGH (VIII ZR 78/18)

Am 9. Januar 2019 könnte endlich Licht in das Dunkel kommen:
der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird dann erstmals über die Klage eines Autokäufers verhandeln, der vom Verkäufer die Minderung des Kaufpreises verlangt, wegen des vom KBA verordneten und vom Fahrzeughersteller vorgenommenen Softwareupdates  seines  „Schummeldiesels“ (Skoda Octavia, Motor EA 189).

Auch dieser Autokäufer befürchtet durch die nachträgliche „Umrüstung“ der Motorelektronik Nachteile für die Haltbarkeit des Motors und auch beim Betrieb des Fahrzeugs.
In erster und zweiter Instanz war seine Klage abgewiesen worden. Landgericht Zwickau und Oberlandesgericht Dresden hielten den Käufer für die sich aus dem Softwareupdate ergebenden Nachteile für beweisbelastet. Dieser Beweis sei dem Käufer nicht gelungen.

Das Oberlandesgericht Köln hat einen gleich gelagerten Fall allerdings ganz anders beurteilt und die Beweislast beim Verkäufer und Fahr-zeughersteller gesehen. Im Kölner Fall hatten die, vor dem Landgericht noch erfolgreichen, Beklagten eine Verurteilung (dort zur Rückab-wicklung des Kaufvertrages)  in letzter Minute durch den Abschluss eines Vergleichs noch verhindert.

Eine Klärung dieser Beweislastfrage durch ein Urteil des höchsten deutschen Zivilgerichts hätte darum für die deutschlandweit noch zu tausenden anhängigen Klagen von Dieselkäufern große Bedeutung. Die Entscheidung des BGH wird auch für den Ausgang dieser Prozesse maßgeblich sein.

Abgasskandal – Zwei in einem Boot

Martin Jäger / www.pixelio.de

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: beim Streit um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz für einen „Schummeldiesel“ sitzen Vertrags-händler und Fahrzeughersteller in einem Boot. Der geprellte Dieselkäufer kann beide in einem Prozess gemeinsam verklagen.

Inhaltlich hat (und durfte) der Bundesgerichtshof sich zum Begehren der Klägerin, die im Vertrauen auf die Prospektangaben des Herstellers zu Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch einen angeblichen „Clean Diesel“  erworben hatte, nicht äußern.
Prozessual hat der BGH der Klägerin aber den Weg für ihre Klage geebnet. „Abgasskandal – Zwei in einem Boot“ weiterlesen

BGH: Kfz-Händler muss Vorschuss leisten

Martin Jäger / www.pixelio.de

Die einen (Käufer) werden sich darüber freuen, die anderen (Verkäufer) sich wundern.
Der BGH (Gz.: VIII ZR 278/16) hat am 19.07.2017 geurteilt: der Käufer eines gebrauchten Kfz kann gem. § 439 Abs. 2 BGB vom Verkäufer (Kfz-Händler) Vorschusszahlung verlangen, um den Pkw vom weit entfernten Wohnsitz des Käufers (hier: 250 km) zum Sitz des Verkäufers transportieren zu lassen. Das gilt selbst dann, wenn noch gar nicht klar ist, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt. „BGH: Kfz-Händler muss Vorschuss leisten“ weiterlesen