Langeweile? Dann: „frag doch mal beim Anwalt nach“

Es gibt Leute, mit denen will man einfach nichts zu tun haben. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einer davon: Sie stehlen einem kostbare Lebenszeit.  Ich beantworte darum keine Nachfragen von Leuten die nicht meine Mandanten sind und „mal eben schnell“ etwas von mir wissen wollen.

Gelegentlich, insbesondere wenn die verlangte Auskunft auch noch gänzlich überflüssig ist, platzt mir aber der Kragen. Heute ist es wieder so weit.

Ein Rechtsschutzversicherer begehrt Auskunft zum Ausgang eines Verfahrens. Mein Schreiben vom 27.04.2018 zum Abschluß der Sachehatte der/die Sachbearbeiter/in erhalten. Auf die dem Schreiben beigefügt gewesene Rechnung nimmt er/sie Bezug, wenn er/sie mir heute schreibt:

Preisfrage 1: Was will die Versicherung noch wissen?
Ob es den Ermittlungsbehörden ehrlich leid tut, meine Mandantin überhaupt verdächtig zu haben?

Preisfrage 2: Wie soll man darauf antworten?
In deutscher Sprache, in Großbuchstaben, oder gar nicht?

Hinweis zur Teilnahme am Preisrätsel:
Rechtsanwälte sind in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit  zur Sachlichkeit verpflichtet, § 43 a Abs. 3 BRAO. In diesem Rahmen müssen sich Ihre Vorschläge zur Beantwortung dieser D.A.S.-Anfrage also halten.

Abgasskandal – Neues vom BGH …

…  aber wieder kein Urteil.
Am 27.02. sollte in Karlsruhe über die juristische Bewertung der von VW in Dieselfahrzeugen verbauten Abschalt-vorrichtung verhandelt werden.

Der Käufer eines VW Tiguan hatte von seinem Händler die Ersatz-lieferung eines neuen Pkw – ohne Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung – verlangt. Er berief sich darauf, dass die ab Werk auch in seinem Neuwagen verbaute „Schummelsoftware“ einen erheblichen Sachmangel des verkauften Fahrzeugs darstelle.

NEIN “ riefen Händler und Hersteller – und so urteilte auch noch das OLG Bamberg und wies die Klage des Käufers ab. Das OLG ließ in seinem Urteil die Revision zum BGH nicht zu. Dagegen legte der Käufer Beschwerde ein, die der BGH mit Beschluss vom 16.10.2018 auch zuließ.
Erfolg für den Käufer auch in der Sache: der BGH (Gz.: VIII ZR 225/17) beurteilt die Rechtslage offenbar genauso wie der Käufer: „JA – Sachmangel!“

Seine Rechtsauffassung teilte das Gericht den Prozessparteien am 08.01.19 in einem Hinweisbeschluss mit (Pressemitteilung dazu).

Nun wurde der Verhandlungstermin kurzfrstig aufgehoben.
Die Parteien haben sich verglichen und damit den Rechtsstreit beendet. Der BGH kann darum über die Rechtsfrage nicht mehr durch Urtel entscheiden. Wie schon zuvor (Verfahren – VIII ZR 78/2018 – um einen Skoda Octavia mit Verhandlungstermin am 09.01.19) hat der Fahrzeughersteller VW damit die „Notbremse“ gezogen, um einer Verurteilung durch das höchste deutsche Zivilgericht zu entgehen.

Fazit:  Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“

Die Presseabteilung von VW sieht das auftragsgemäß anders und teilt unverdrossen mit, dass es gar keinen Sinn habe, juristisch gegen das Unternehmen und seine Vertragshändler vorzugehen. O-Ton VW:


„In Deutschland laufen aktuell zahlreiche Diesel-Verfahren. Die meisten werden zugunsten des Volkswagen Konzerns bzw. der Händler entschieden. Eine höchstrichterliche Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof steht allerdings noch aus.“


Schwamm drüber.
Irgendwas müssen die Presseleute aus Wolfsburg für den Aktienkurs des eigenen Brötchengebers ja tun. Dieser hilflose Versuch, die Welt außerhalb der eigenen Blase dazu passend zu interpretieren und weiter die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen, ist nicht neu in Deutschland:  Pfeifen im Walde , TM von E.H..

 

beA – „Mission accomplished“?

Das beA ist seit vorgestern (12.02.2019) um 16.00 Uhr auch wieder „aktiv“ nutzbar. Die BRAK meldet seitdem über die „EGVP-Störungsstelle:“


Störung: bundesweit
Störungen in beA behoben

Betroffenes Land: Bund
Beginn: 06.02.2019 16:00
Voraussichtliches Ende: 12.02.2019 16:00
Status: erledigt
Die Störungen im beA System sind behoben.
Die Empfängersuche und der Nachrichtenversand sind wieder möglich.


Aber es ist noch Wasser im Wein:
die „Eigenarten“ der von der BRAK für die Nutzer von Kanzeisoftware zur Verfügung gestellten  beA-Schnittstelle  bleiben bestehen. Wie lange eigentlich noch?
Der Nachrichtenversand mit dem beA bleibt ein Risiko, wenn dafür die beA-Schnittstelle benutzt wird. Eine echte „Empfangsbestätigung“ erhält der Anwender auf diesem Weg nicht. Dafür muss das beA in jedem Einzelfall auch weiterhin über die Weboberfläche aufgerufen werden.
Auch der Nachrichtenempfang mit der beA-Schnittstelle kann bisher nicht überzeugen: Rundsendungen der Rechtsanwaltskammern an ihre Mitglieder können mit der beA-Schnittstelle nicht abgerufen werden und bleiben „unbemerkt“ im Postfach liegen. Solche Nachrichten können nur über die Web-Oberfläche des beA abgerufen werden.

 

beA – „gestern und heute“

Das beA funktioniert auch weiterhin nicht störungsfrei. Betroffen davon sind alle Anwender, die Nachrichten damit versenden wollen („aktive“ Nutzung) und solche nicht nur über das beA empfangen („passive“ Nutzung, Berufspflicht gem. § 31 a BRAO).
Grund (nicht Ursache) dafür: beim Erstellen einer Nachricht funktioniert die Suche nach der Adresse des Empfängers nicht zuverlässig.
Die von der BRAK beauftragte Fa. ATOS soll  „mit Hochdruck“ an der Pannenbeseitigung arbeiten. ATOS hat sich aber wieder einmal zu früh selbst bejubelt: laut BRAK-Meldung vom Donnerstag „gestern“, laut EGVP-Meldung vom Mittwoch aber schon „vorgestern“.

Während ATOS der Welt nicht vorhandene Erfolge bei der Fehlerbehebung vermeldet, hat mein Büro einen möglichen „Workaround“ gefunden:
im BAVV (Bundesweites Amtliches Anwaltsverzeichnis) sind die Adressen aller Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte gespeichert. Das BAVV ist öffentlich und lässt sich ohne Benutzung des beA direkt aufrufen und durchsuchen.
Ist der gesuchte Empfänger gefunden, öffnet sich mit einem Klick auf die Schaltfläche „Info“ ein weiteres Fenster mit „Detailangaben.“ Darin wird u. a. die „BRAK-Safe-Id“ der gesuchten beA-Postfachinhaberin angezeigt.
Diese Safe-Id kann mit „copy&paste“ in das Empfängerfeld des (in einem zweiten Browserfenster) geöffneten beA-Nachrichtenentwurfs kopiert und die Bearbeitung fortgesetzt werden.

Bis das beA wieder funktioniert,  steht für den Versand von Nachrichten an Gerichte  das EGVP zur Verfügung.  Damit arbeitet mein Büro gerne und „störungsfrei.“

bea -„eingeschränkt verfügbar“

Der Zugriff auf das beA ist immer noch nur eingeschränkt möglich, die Fehlerursache von der BRAK noch nicht gefunden oder jedenfalls nicht mitgeteilt. Einen tagesaktuellen Überblick über gemeldete Störungen  und Einschränkungen des ERV liefern die den EGVP-Seiten des Bundes, auf einen Blick.

beA – Störung und Ratlosigkeit

Am letzten Donnerstag (31.01.2019) war es wieder soweit: das beA war nur „schwer“ erreichbar. Die BRAK hat die Störung nach eigenen Angaben noch am selben Tag behoben, ohne die Ursache zu kennen (Zwischenfrage: wie geht das?) und warnt vor weiter bestehenden Problemen bei Anmeldung und Nachrichtenübermittlung. Tatsächlich war jedenfalls auch am Freitag an zuverlässiges Arbeiten mit dem beA nicht zu denken.

Für alle, die den elektronischen Rechtsverkehr inzwischen auch zum Versand von Nachrichten nutzen, empfiehlt sich darum bis auf weiteres – jedenfalls als Ausweichlösung bei beA-Störungen- der Nachrichtenversand über das EGVP.

Mit dem kostenlosen „Governicus Communicator – Justizedition“  lassen sich alle Gerichte und Gerichtsvollzieher ebenso adressieren wie über das beA.  Eine Kommunikation zwischen Anwälten ist aber nicht möglich.
Die Bedienung ist dafür – anders als im beA – aber selbsterklärend. Zwei weitere wichtige Einschränkungen gibt es aber:

/   kein Simulanzugriff auf das Postfach,
/ Schriftformersatz nur durch externes Signieren möglich (setzt eine Signaturkarte und weitere Software, z.B. SecSigner oder Governicus Signer voraus).

beA – Kein Zugang am 17./18.11.2018

Nein, es ist nicht schon wieder kaputt. Es ist ein Update! Am Wochenende werden das beA und das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis (BRAV) nicht erreichbar sein, weil das beA in der Version 2.1.3 ausgerollt werden soll. Aus einer Ankündigung der BRAK:

Mit der Version 2.1.3 werden insbesondere verwendete bzw. zu verwendende Signatur- und Verschlüsselungsalgorithmen aktualisiert. Aufgrund dessen werden mit dieser Version im beA bestimmte Signatur- und Verschlüsselungsalgorithmen durch die KSW-Schnittstelle in der neuen Version V3 vorgegeben. Aktuell werden jedoch weiterhin die bisher gültigen Verschlüsselungsalgorithmen verwendet. Die tatsächliche Umstellung auf die neuen Algorithmen erfolgt in einem gemeinsamen Vorgehen im EGVP-Verbund zu einem späteren Zeitpunkt. Zudem umfasst die Version 2.1.3 unter anderem eine Verbesserung in Bezug auf den Versand an die Default-Verteilerlisten der Kammern. Der Nachrichtenversand an die Default-Verteilerlisten wird nicht mehr als Ganzes abgebrochen, falls ein einzelnes Postfachzertifikat zum Zeitpunkt des Versands nicht erfolgreich geprüft werden kann. Weiterhin wurden die Einbindung der Datenschutz-erklärung und des Impressums in der BRAVWebanwendung sowie der beA-Webanwendung aktualisiert.

Weiter heißt es da:

Eine Zusammenfassung der funktionalen Änderungen sowie der Aktualisierungen bezüglich der ITSicherheit stellen wir Ihnen in einem gesonderten Schreiben nach erfolgreicher Installation der Version 2.1.3 zur Verfügung.


Das ist schade.
Als Endbenutzer hätte ich anhand einer solchen Dokumentation gerne sofort nach dem Update anhand einer vorhandenen Beschreibung selbst geprüft, wo sich welche neue Funktion versteckt und wie diese in meine alltäglichen Büroabläufe einzubinden ist. Ob die Schnittstelle der BRAK nun auch einen Abruf der Empfangsbestätigung für versandte Nachrichten zulässt, das z.B. wüsste ich schon gern vorher.

Mieterhöhung – Kein gesetzliches Widerrufsrecht für Mieter

Der Bundesgerichtshof hat am 17.10.2018 (VIII ZR 94/2017) entschieden:
Mietern steht kein gesetzliches Widerrufsrecht zu, wenn sie die Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters erklärt haben.
Der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH meint, die Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte seien auf Mietverhältnisse über Wohnraum nicht anwendbar.
§ 312 Abs. 4 S. 1 BGB gelte zwar nach dem Wortlaut ausdrücklich auch für Wohnraummietverträge, sei nach Sinn und Zweck des Widerrufsrechts und der sonstigen mietrechtlchen Vorschriften aber einschränkend auszulegen – und darum unanwendbar.

Geklagt hatte ein Berliner Mieter, der einer schriftlich verlangten Mieterhöhung zunächst zugestimmt, es sich später aber anders überlegt und die Zustimmung widerrufen hatte. Der BGH hat den Mieter, trotz seines Widerrufs, nun endgültig zur Zahlung der Mieterhöhungen verurteilt.

Der Deutsche Mieterbund kritisiert die Entscheidung. Die Vermieter-verbände begrüßen das Urteil des BGH.

Nicht entschieden hat der BGH bisher, ob der Mieter eine einmal erklärte Zustimmung widerrufen kann, wenn er vom Vermieter vorher über ein (gesetzlich nicht bestehendes) Widerrufsrecht belehrt worden ist und damit zur Abgabe  einer Erklärung aufgefordert worden ist.
Ein Widerrufsrecht kann der anderen Vertragspartei auch „freiwillig“ eingeräumt werden, ohne dass das Gesetz es vorschreibt (vertragliches Widerrufsrecht). Genau das haben viele Vermieter bisher praktiziert, um mit einem Zustimmungsverlangen „auf der sicheren Seite“ zu sein.
In diesen Fällen ist weiterer Streit vorprogrammiert. Für ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrechts gilt die Argumentation des BGH nicht.

Dieselfahrverbote

sind nun auch in Berlin Folge des „Abgasskandals“. Ab 31. März 2019 ist es soweit.
Bis dahin muss das Land Berlin seinen bisherigen Luftreinhalteplan überarbeitet haben – und dann auch umsetzen.
Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am 09.10.2018 entschieden.

Hätte der Bundesverkehrsminister Bundespartylöwe Scheuer seine Amtspflicht getan, anstatt den Skandal in bester Lobbyistenmanier nur aussitzen zu wollen, gäbe es längst Regelungen für die rechtliche Anerkennung der längst vorhandenen Nachrüstlösungen und auf den Berliner Straßen umgerüstete EURO 5 – Dieselautos mit bis zu 90 Prozent weniger Stickoxidausstoß im echten Fahrbetrieb.

Die Untätigkeit des Ministers Scheuer ist umso unverständlicher, als er sich im April werbewirksam selbst noch als Liebhaber alter Autos bezeichnet hat.
Durch die Berliner Fahrverbotszonen gleitet er aber wohl auch in Zukunft sicher in einem gepanzerten Dienstwagen, der ihn vor dem Unmut seiner Untertanen schützt.

„Abgasskandal“ – BGH (VIII ZR 78/18)

Am 9. Januar 2019 könnte endlich Licht in das Dunkel kommen:
der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird dann erstmals über die Klage eines Autokäufers verhandeln, der vom Verkäufer die Minderung des Kaufpreises verlangt, wegen des vom KBA verordneten und vom Fahrzeughersteller vorgenommenen Softwareupdates  seines  „Schummeldiesels“ (Skoda Octavia, Motor EA 189).

Auch dieser Autokäufer befürchtet durch die nachträgliche „Umrüstung“ der Motorelektronik Nachteile für die Haltbarkeit des Motors und auch beim Betrieb des Fahrzeugs.
In erster und zweiter Instanz war seine Klage abgewiesen worden. Landgericht Zwickau und Oberlandesgericht Dresden hielten den Käufer für die sich aus dem Softwareupdate ergebenden Nachteile für beweisbelastet. Dieser Beweis sei dem Käufer nicht gelungen.

Das Oberlandesgericht Köln hat einen gleich gelagerten Fall allerdings ganz anders beurteilt und die Beweislast beim Verkäufer und Fahr-zeughersteller gesehen. Im Kölner Fall hatten die, vor dem Landgericht noch erfolgreichen, Beklagten eine Verurteilung (dort zur Rückab-wicklung des Kaufvertrages)  in letzter Minute durch den Abschluss eines Vergleichs noch verhindert.

Eine Klärung dieser Beweislastfrage durch ein Urteil des höchsten deutschen Zivilgerichts hätte darum für die deutschlandweit noch zu tausenden anhängigen Klagen von Dieselkäufern große Bedeutung. Die Entscheidung des BGH wird auch für den Ausgang dieser Prozesse maßgeblich sein.