Eine Zwangsmitgliedschaft von Rechtsanwälten gibt es nicht nur in der örtlichen Rechtsanwaltskammer, sondern auch im Deutschen Anwaltverein e.V.. So hat das Amtsgericht Mitte (151 C 75/17) am 15.05.2018 entschieden.
Geklagt hatte ein Rechtsanwalt aus Freiburg, der wegen Verstoßes gegen die Geschäftsordnung der DAV-Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht aus dieser Arbeitsgemeinschaft ausgeschlossen worden war. Den in der Satzung des Vereins vorgesehenen Überprüfungsantrag hatte der Freiburger Rechtsanwalt gestellt, die Mitgliederversammlung des Vereins seinen Ausschluss im Jahr 2017 aber bestätigt. Dagegen klagte der Rechtsanwalt und gewann den Prozess in erster Instanz.
Das Amtsgericht Mitte hielt den Ausschluss für „willkürlich“, weil inkriminierte öffentliche Äußerungen des Rechtsanwalts die Interessen der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht „nicht konkret beeinträchtigt“ hätten.
Das Ansehen der Arbeitsgemeinschaft sei nicht dadurch gefährdet oder beschädigt, weil der Rechtsanwalt einen (nicht blondhaarigen) US-Präsidenten öffentlich als „Quotenneger“ bezeichnet hatte.
Öffentlich zur Schau gestellte Sympathie für die „Flüchtlingspolitik“ einer großen deutschen Oppositionspartei mit drei Buchstaben und seine Bundestagskandidatur für diese hielt das Amtsgericht Mitte ebenfalls für mit den Grundwerten der in dieser Arbeitsgemeinschaft aktiven Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen ohne weiteres vereinbar .
Darum ist der Rechtsanwalt aus Freiburg gegen den Willen der Mitgliederversammlung des Vereins nun – zwangsweise – weiter dessen Mitglied.
Das Urteil ist rechtskräftig. Der Deutsche Anwaltverein e.V. hat keine Berufung dagegen eingelegt. Das ist nicht nur mir unverständlich.
Eine Erklärung des in erster Instanz unterlegenen DAV dafür gibt es bisher nicht. Als Mitglied des Berliner Anwaltverein e.V. würde mir eine solche Erklärung des Vereinsvorstandes des DAV allerdings sehr wünschen. Auch ich hätte mit meinen Mitgliedsbeiträgen gerne dazu beigetragen, die Überprüfung des amtsgerichtlichen Urteils zu finanzieren und die Zwangsmitgliedschaft von Rechtsanwälten damit auch für die Zukunft auf die Mitgliedschaft in der jeweiligen Rechtsanwaltskammer zu beschränken.