Die Deutsche Post streikt

„Die Deutsche Post streikt“

So ist es seit zwei Wochen in allen Medien zu lesen. Das ist stark verkürzt und darum nur die halbe Wahrheit.

Richtig ist: Nach den schon im April von ver.di begonnenen Warnstreiks wird nun seit zwei Wochen “richtig“ gestreikt: ganztägig, flächendeckend und jetzt auch unbefristet. Wer sich gründlich informieren will, sollte das – wie immer – an der Quelle tun: Tagesaktuell auf der Presseseite der Gewerkschaft, oder „auf der anderen Seite“ beim bestreikten Unternehmen.
Den Streikenden wünsche ich viel Erfolg – als Kunde hoffe ich zusätzlich: bald!

Interessant:

Heute ist auf den Seiten der Deutsche Post AG nicht mehr zu lesen, dass trotz der Streiks (durch den Einsatz von Aushilfskräften und Beamten) mehr als 80 Prozent der Sendungen den Empfänger pünktlich erreichen würden.Damit hat die Post, wenn auch etwas verspätet, offensichtlich doch noch in die Realität zurückgefunden:

In meinem Berliner Büro in der Schönhauser Allee kommen schon seit ganzen zwei Wochen überhaupt keine Sendungen der Deutsche Post AG mehr an.

Das verursacht bei mir und meinen Kollegen jede Menge Mehrarbeit!

In jedem Rechtsanwaltsbüro ist der tägliche Posteingang und Postausgang der „Herzschlag“ des Büros. Unsere gesamte Tagesarbeit dreht sich um die eingehende Post, die möglichst schnell bearbeitet wird. Die Früchte dieser Arbeit sollen natürlich möglichst schnell das Büro verlassen und – oft eben per Post – in die Welt hinausgehen.

Das alles funktioniert zur Zeit aufgrund des Streiks nur eingeschränkt.

Korrespondenz mit meinen Mandanten kann ich oft nur per Post führen. Ein „Postversand“ per E-Mail ist von den meisten Mandanten nicht gewünscht, ein unverschlüsselter E-Mailverkehr kann die gebotene Vertraulichkeit ohnehin nicht gewährleisten. Ein Telefaxgerät hat nicht jeder im Wohnzimmer oder neben seinem Bett zu stehen. Originalunterlagen oder auch nur farbige Kopien lassen sich ebenfalls nicht per Telefax versenden.

Was hilft?

Meinen Mandanten biete ich auf Anfrage einen (Ende-zu-Ende) verschlüsselten Datenaustausch an. Das ist ein bisschen unbequem, das Empfangen und Versenden solcher Nachrichten aber selbst für wenig technikbegeisterte Menschen jeden Alters nach kurzer Zeit ganz leicht zu bewerkstelligen.

Wer das nicht möchte, kann seine Unterlagen in meinem Büro jederzeit auch persönlich abgeben und abholen. Ohne vorherige Anmeldung oder Terminsvereinbarung. Einen leckeren Café gibt es für diese Mühe gratis. Wer zehn Minuten Zeit hat, bekommt gerne auch einen Cappuccino.

Was nicht hilft:

Schimpfen und zetern, oder sozialneidisch motivierte Rufe nach sofortiger Beendigung des Streiks. Den Einsatz der Bundeswehr als Streikbrecher hat m. W. zwar noch niemand gefordert. Ich erwarte den Ruf irgendeines Hinterbänklers danach inzwischen aber eigentlich täglich.

Diese ganze Aufregung um den Streik zeigt eigentlich jedem, wie wichtig eine zuverlässige Funktion der täglichen Briefpostzustellung (für den Handel: auch der Paketzustellungen) für alle Bereiche des täglichen Lebens immer noch ist, trotz der zunehmenden „Digitalisierung“ aller Lebensbereiche.

Darum lohnt es sich auch, die Forderungen der Gewerkschaft ver.di einmal in Ruhe selbst anzusehen und mit den Argumenten des bestreikten Arbeitgebers zu vergleichen. Die Deutsche Post AG teilt auf ihrer Internetseite dazu schlagwortartig mit:


„Wir lehnen die aktuelle Forderung seitens ver.di ab, da sie Arbeitsplätze gefährdet und keine Wachstumsperspektive bietet.“


Als guter Kunde des gelben Unternehmens verstehe ich das aber nicht und muss nachfragen:

1. Welcher Ausblick auf welches „Wachstum“ des Unternehmens wird denn verhindert?
2. Welche Arbeitsplätze sollen durch die Forderungen der Gewerkschaft gefährdet sein?

Antworten gebe ich gerne gleich selbst (darin bin ich beruflich ja geübt):

Die Planungen der Deutsche Post AG, gegen die sich dieser Streik richtet, beinhalten die flächendeckende Gründung regionaler Tochterunternehmen. In denen sollen Postdienste dann von Beschäftigten zu einer geringeren monatlichen Vergütung als der bisher tariflich geltenden erbracht werden.

„In Gefahr“ sind die Arbeitsplätze der Brief- und Paketzusteller bei der Deutsche Post AG also gerade durch diese Pläne des Arbeitgebers. Das von der Deutsche Post AG gewünschte „Wachstum“ meint doch wohl nur, dass den inzwischen recht weit etablierten „Billigkonkurrenten“ wieder Marktanteile abgejagt werden sollen, indem man die Beschäftigten in den eigens dafür gegründeten Tochtergesellschaften dann ähnlich lausig bezahlt wie bei der Konkurrenz. Dass die Post in ihren bisherigen Zustellbezirken die nach Tarif bezahlten Beschäftigten des Stammunternehmens noch weiter einsetzen würde, kann nur glauben wer meint, dass Zitronenfalter Zitronen falten und darum so heißen .

Als Kunde erwarte ich:

Wer Wachstum will, muss auch sagen wofür das gut sein soll und wer es denn letztlich bezahlt.

Ich werde meine Brief- und Paketsendungen weiter ausschließlich mit der Deutsche Post AG versenden, selbst wenn es etwas teurer ist als bei der Konkurrenz.

Dafür erwarte ich – wie bisher – eine täglich pünktliche und zuverlässige Postbeförderung und juristisch einwandfreie Zustellungen. Solch gute Arbeit kostet aber auch gutes Geld und ist von schlecht bezahlten und schlecht motivierten, häufig wechselnden Mitarbeitern nicht zu leisten. Das weiss schon jeder Kleinunternehmer.

Auch als Kunde der Deutsche Post AG will ich mich an einem „Lohndumping“ auf Kosten der Beschäftigten darum nicht beteiligen.

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