Studentenfutter: Karlsruhe und der Berliner „Mietendeckel“

Berlin fehlt seit gestern eine weitere Attraktion: der „Mietendeckel“ ist weg.

Das BVerfG hat das Berliner Landesrecht zur Begrenzung von Wohnraummieten mit Beschluss vom 25.03.2021 (Gz. 2 BvF 1/20, 4/20, 5/20) für nichtig erklärt.

Der Beschluss (57 Seiten) wurde am 15. April um 9.30 Uhr veröffentlicht. Stellungnahmen dazu gab es sehr schnell und reichlich. Die weitaus meisten davon waren weder lesens- noch anhörenswert. Das Medieninteresse war riesig, die Qualität der Berichterstattung dazu umgekehrt proportional.

Egal wie weitreichend die Folgen dieser Entscheidung sein mögen: dem Gericht vorzuwerfen, es sei den zu entscheidenden Rechtsfragen „nicht auf den Grund gegangen“ ist eine ganz unberechtigte Kritik.

Lesen bildet: gilt für Entscheidungen eines Gerichts im Rang eines Verfassungsorgans (Art. 92 GG) erst recht. Danach lässt sich über Inhalte streiten.

Für Mieter und Vermieter in Berlin bringt die Entscheidung endlich Klarheit und Rechtsfrieden. Allein das zählt. Wer mit dem Ergebnis "unzufrieden" ist, muss die Entscheidungsgrundlagen für die Zukunft ändern. Gelegenheit dazu besteht schon am 26. September 2021.
Für Student:inn:en der Rechts- oder Politikwissenschaften ist der Beschluss aus Karlsruhe lesenswerter als manches Lehrbuch:  
Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ist ebenso ausführlich wie anschaulich dargestellt (S. 25-33, Rz. 79-106). 
Darauf folgt die - sehr lesenswerte - Darstellung der Wandlung und Entwicklung des Wohnraummietrechts in Deutschland seit dem Jahr 1949 (S. 33-57, Rz. 107-184). Das ist zugleich ein Einblick in die deutsche Zeitgeschichte. Voll von damals - und bis heute - drängenden Problemen und der Versuche des Gesetzgebers diese zu lösen.

Wer hilft, wenn die „Mietpreisbremse“ nicht bremst? Schlechte Nachrichten aus Karlsruhe für Mieter

Der Bundesgerichtshof hat heute ein Urteil zur sog. „Mietpreisbremse“ gesprochen, das viele Wohnungsmieter nicht freuen dürfte. Einige Bundesländer waren ab 2015 nicht in der Lage, den gem. § 556 d BGB („Mietpreisbremse II“) bundesweit möglichen Schutz von Wohnungsmietern in Ballungsgebieten wirksam umzusetzen.

Um Mieterhöhungsmöglichkeiten weiter zu regulieren (zu beschränken), bedurfte es dafür im jeweiligen Bundesland „nur“ des Erlasses einer Rechtsverordnung. Damit waren „Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt“ festzulegen und diese, gesetzlich geforderte „Anspannung“ in der Rechtsverordnung zu begründen. Eigentlich ganz einfach.

Einige Bundesländer haben in Ihren Rechtsverordnungen auf die Veröffentlichung der notwendigen Begründung aber verzichtet. Wie die taz heute meint: aus purem Geiz, um Lizenzgebühren zu sparen. Zum Nachteil der Mieter.

Die fehlerhaften Rechtsverordnungen waren unwirksam. Die Mieterschutzvorschriften der „Mietpreisbremse II“ traten nicht in Kraft. Wohnungsmieten konnten bei der Neuvermietung auch in Ballungsräumen dieser Länder, trotz „angespanntem Wohnungsmarkt“ – ganz legal – wie zuvor erhöht werden (Urteil des BGH vom 17. Juli 2019 – VIII ZR 130/18).

Der Erlass neuer, rechtskonformer Rechtsverordnungen konnte den Mietern nicht mehr helfen. Die über § 556 d Abs.1 BGB hinausgehenden, höheren Wohnungsmieten können nicht zurückgefordert werden und sind von den Mietern auch für die Zukunft weiter zu bezahlen.

Wohnungsmieter können für die daraus resultierenden (dauerhaft) höheren Mieten keinen Schadensersatz vom verantwortlichen Bundesland verlangen. Das hat der BGH nun endgültig entschieden (PM zum Urteil vom 28.01.2021 – III ZR 25/20 –) .

Fazit: Was gut gemeint ist, muss auch gut gemacht werden. Der Verordnungsgeber muss sein Handwerk beherrschen. Hektische Betriebsamkeit genügt nicht.


Mietendeckel und Mietpreisbremse

Panik bei Berliner Vermietern?

Berlin-Schöneberg:
In der Potsdamer Straße 143 herrscht Weltuntergangsstimmung. Der dort ansässige Verband der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine (Haus & Grund Berlin) begrüßt die Besucher seiner Webseite derzeit mit dieser stimmungsvollen Grafik:

Zur dringend notwendigen Versachlichung der rechtlichen und auch rechtspolitischen Diskussion über die Ursachen für den Mangel an bezahlbarem innerstädtischen Wohnraum in Berlin und zu möglichen Lösungen dafür trägt das sicher nicht bei.

Halloween ist vorbei. Macht das weg. Es ist Zeit für Argumente statt Schreckgespenste.
Manches Argument muss eben mehrfach wiederholt werden, bis es endlich Gehör findet und überzeugt. Das wäre die Aufgabe von Haus & Grund. Dieses rumtrumpeln nützt keinem Berliner Vermieter irgendetwas.